Veggie-Kochabende: Abwechslung steigert die Motivation
Kochen fürs Klima: Die Veggie Januar Challenge der KLIMA ARENA hat viele begeistert – und zum Ausprobieren inspiriert. Insgesamt wurden bei diesem Wettbewerb 76 vegetarische Gerichte eingereicht, die wiederum bei Social Media über 4.100 Likes gesammelt haben. Aus allen Einreichungen der Köchinnen und Köche wurden sieben Gewinnerinnen und Gewinner ausgewählt.
Den besten Drei haben wir einige Fragen zu ihrem Einkaufsverhalten und zu nachhaltiger Ernährung gestellt. Die vielfältigen Antworten belegen, dass die entstandene Veggie-Community jede Menge Spaß daran hatte, den Kochlöffel zu schwingen und sich an den Kochabenden untereinander auszutauschen.
Bei den Vorbereitungen für den deftigen Gemüseeintopf:
Teilnehmende der Gesellschaft für Integration, Wohngemeinschaft Kollenrodtstraße aus Hannover.
Sie gewinnen den Hauptpreis der KLIMA ARENA.
Fotos: privat
1. Preis
Gesellschaft für Integration, Wohngemeinschaft Kollenrodtstraße unter der Leitung von Simone Engling mit einem deftigen Gemüseeintopf, Roten Beete Bällchen und selbstgemachtem Apfeltee gewinnt ein einjähriges Abo für eine regionale Gemüsekiste
2. Preis
Selina Graichen mit einer Focaccia mit Harissa gewinnt ein sechsmonatiges Abo für eine regionale Gemüsekiste
3. Preis
Lea Jungel mit Semmelknödel mit cremiger Pilzsoße gewinnt einen Kochkurs mit unserem Küchenchef René Hülsenitz für insgesamt 5 Personen
Sind für dich Themen wie vegetarische und nachhaltige Ernährung generell ein wichtiges Thema?
Simone Engling, stellvertretend für die WG Kollenrodtstraße: Das Thema vegetarische Ernährung ist bei uns in der Wohngruppe schon sehr lange ein Thema, da wir einen Mitbewohner hatten, der sich vegetarisch ernährt hat. Durch ihn haben wir gesehen, dass vegetarisch nicht nur heißt, einfach kein Fleisch und Wurst zu essen.
Selina Graichen: Ja total! Ich ernähre mich schon seit Anfang meines Studiums 2017 vegetarisch. Durch meinen Umzug in die Stadt und den damit verbundenen Möglichkeiten, meinen Freundinnen und Freunden und vor allem mein zunehmendes Interesse daran, mich mit der Produktion von Lebensmitteln auseinanderzusetzen, ist mir damals immer bewusster geworden, dass ich etwas an meinem Ernährungsweise verändern wollte. Ich bin in Brandenburg aufgewachsen und wusste frisches Gemüse aus dem Garten immer wertzuschätzen. Das zunehmende Verpackungsmaterial und das Wissen darüber, wie die Produktionsbedingungen in anderen Ländern sind, haben mich dann beim Einkaufen ziemlich zum Nachdenken gebracht. Vor einigen Monaten bin ich einem solidarischen Landwirtschaftsbetrieb beigetreten, bei dem ich meine Lebensmittel frisch, regional und ohne Sorgen abholen kann.
Lea Jungel: Ja, ich finde vor allem wichtig, dass man sich mit dem Thema auseinandersetzt und sich bewusst ist, welche Auswirkung die eigene Lebensmittelwahl hat. Dann kann man sich immer noch bewusst dafür oder dagegen entscheiden und gegebenenfalls seine Essgewohnheiten anpassen.
Hat dich der Wettbewerb im Hinblick auf vegetarisches und regionales Kochen dazu bewegt, dich weiter mit dem Thema auseinanderzusetzen?
Simone: Wir wollen auf jeden Fall weiter Sachen ausprobieren, noch mehr schauen, was ist saisonal.
Selina: Absolut! Vor allem als ich mir die anderen Gerichte auf Instagram angesehen habe. Ich habe mir gleich einige abgespeichert, die nur darauf warten, in die Tat umgesetzt zu werden. Ich koche zwar viel mit regionalen Lebensmitteln, finde es aber besonders spannend, von anderen inspiriert zu werden und Empfehlungen einmal selbst auszuprobieren. Ich finde dadurch wird man dann doch noch einmal mehr motiviert, neue Gemüsesorten zu verwenden oder bekannte Gemüsesorten anders zu gebrauchen.
Lea: Er hat mich vor allem dazu bewegt, neue leckere Rezepte kennenzulernen. Abwechslungsreiche Möglichkeiten steigern die Motivation.
Wohin mit den Resten?
Wie bist du zu deinem Gericht gekommen? Gab es dafür eine Inspiration, oder handelt es sich einfach um dein Veggie-Lieblingsgericht?
Simone: Wir haben sehr viele Kochbücher in der Wohngruppe auch für vegetarische Gerichte. Wir wollten dann auch wirklich saisonal und regional kochen, da war die Auswahl schon schwierig und die Gemüsesuppe gab es dann her. Die Roten Beete Bällchen hat unsere Mitarbeiterin im Internet gefunden, keiner dachte, dass die so lecker sind.
Selina: Ich koche einfach super gerne und habe zu Weihnachten ein neues Kochbuch geschenkt bekommen. Wie ich bereits unter dem Bild vermerkt hatte, ist mein Gericht durch dieses Kochbuch erst zustande gekommen. Während der Corona-Zeit habe ich das Brotbacken für mich entdeckt und schon die verschiedensten Varianten ausprobiert – vom Kartoffelbrötchen bis zum Baguette. Dabei habe ich gemerkt, dass die Herstellung recht einfach umsetzbar ist, es Kosten spart, dass Brot nicht in einer Plastiktüte verpackt ist und Mehl sowieso immer im Haus ist. Dazu kommt, dass in meinem kleinen Haushalt oft Reste übrigbleiben und ich mich dann oft frage, wohin damit? Die Focaccia ist meiner Meinung nach die perfekte Lösung! Sie vereint das Brotbacken wunderbar mit der Resteverwertung und ist für mich in puncto Nachhaltigkeit daher ganz weit vorne. Für mich gab es bezüglich des Granatapfels und der Walnüsse noch Bedenken, da diese Zutaten alles andere als regional sind. Dort könnte ich mir zum Beispiel vorstellen, auch je nach Saison einfach auf regionale Zutaten zu setzen. Ob Vollkorn, Dinkel- oder Weizenmehl, vegane oder vegetarische Zubereitung – bei dem Gericht steht Flexibilität für mich im Mittelpunkt und macht es daher für mich ideal zum Alltagsgericht. Also alles in allem ein Gericht, was das Abendessen für mich irgendwie besonders macht, weil es immer anders sein kann.
Lea: Tatsächlich haben wir uns daran orientiert, was wir noch zu Hause hatten, was verwertet werden musste und welches saisonale Gemüse es gerade gibt. Da ich einen veganen Januar gemacht habe, sollte das Gericht vegan werden. Dass wir Semmelknödel aus alten Brötchen machen wollen, stand schnell fest und dann haben wir zu zweit überlegt, welche Soße dazu passt und anhand dessen nach einem Rezept gesucht.
Wie sehr hast du dich im Vorfeld damit auseinandergesetzt, ob die verwendeten Zutaten nachhaltig sind? Hast du Tipps, worauf man achten könnte?
Simone: Ja wir haben genau diese Aspekte beachtet, deshalb haben wir zuerst überlegt, was im Januar aus der Region kommen könnte, schnell war uns klar, dass wir nichts mit Tomate oder Paprika kochen wollen. Da haben wir geschaut, wo das herkommt, wie wird es transportiert. Bei dieser Recherche gab es große Aha-Effekte, da haben wir vorher nie wirklich darüber nachgedacht.
Selina: Da ich mein Gemüse bei einem solidarischen Landwirtschaftsbetrieb kaufe, konnte ich ungefähr einschätzen, welches Gemüse aktuell im Umland geerntet wird. Ich habe deshalb erst überlegt, eben diese Gemüsesorten mit einzubeziehen. Wie gesagt, sind Walnüsse und Granatapfelkerne nicht die Produkte, die mir zunächst in den Sinn kommen, wenn es um Nachhaltigkeit geht, insbesondere wenn man die langen Transportwege bedenkt. Die Walnüsse werden zum Beispiel aus Nordamerika nach Deutschland geliefert. Da habe ich mir schon Gedanken gemacht, ob man diese Zutaten nicht mit regionalen Alternativen ersetzen sollte. Ich wollte aber, dass es authentisch bleibt. Und der aktuelle Stand ist bei mir leider noch so, dass ich auch gerne mal nach Geschmack einkaufe und dabei schon mal vergesse auf die Herkunft zu achten. Außerdem finde ich es teilweise schwierig zwischen Nachhaltigkeit und leckerem Superfood von weiter weg, Lieblingsessen und CO2-Bilanz abzuwägen. Einkaufen kann da echt zur Herausforderung werden! Meine Tipps sind daher, bewusst in kleineren Hofläden aus der Region einzukaufen, die Gemüse und Obst aus dem Umfeld vertreiben. Auch auf Wochenmärkten kaufe ich gerne ein. Dort habe ich meist einen besseren Überblick über die Herkunft, da eindeutig ausgeschildert ist, was aus der Region kommt und was nicht. Das fällt mir bei „Fertigprodukten“ oder verpackten Produkten im Supermarkt schwerer. Außerdem werden beim Kauf regionaler Produkte deutlich weniger Emissionen freigesetzt. Worauf man auch achten sollte, ist der Wasserverbrauch, der bei der Herstellung vieler Lebensmittel sehr hoch ist, vor allem bei tierischen Produkten, aber auch bei der Herstellung pflanzlicher Milch. Alle Produkte, die unter dem Motto des „Green Marketing“ verkauft werden, sollte man also vorab auf ihre Nachhaltigkeit prüfen.
Lea: Ich setze mich nicht bewusst in Form von Recherche oder Ähnlichem mit dem Thema auseinander. Dass saisonale und regionale Produkte aber klimafreundlicher sind, ist – denke ich – klar. Darauf zu achten, wo ein Produkt herkommt, ist kein großer Umstand und das empfehle ich jedem. Wobei man bedenken muss, dass auch heimische Lagerung in Kühlhäusern Energie verbraucht und regionale Produkte deshalb umso besser sind. Verpackungen wenn möglich vermeiden.
Auf den Wochenmarkt gehen
Wie könnte vegetarische und regionale/saisonale Ernährung in deinen Augen attraktiver für die Allgemeinheit werden?
Simone: Das ist schwierig, weil alle Menschen immer alles zu jeder Jahreszeit essen wollen. Aber wir werden weiterhin auf den Wochenmarkt gehen und dort sehen wir meistens, was jetzt gerade aus der Region kommt.
Selina: Ich glaube, es wäre wichtig, regionale Produkte auch im Supermarkt besser zu vermarkten und auszuschildern. Saisonale Ernährung wird, denke ich, auch attraktiv dadurch, dass sie leicht zugänglich ist und dafür nicht noch ein Extra-Weg zu anderen Läden unternommen werde muss. Meiner Meinung nach könnte so ein Großteil der Menschen erreicht werden. Ich finde auch die „Rezept-Aktionen“ in einzelnen Supermärkten hilfreich und könnte mir vorstellen, dass dort auch bestimmte Themen-Wochen, wie zum Beispiel „Gemüse aus der Region“ mit täglich neuen Gemüsesorten gut ankommen könnten und auch die Käuferinnen und Käufer, die sich noch nicht so viel mit Nachhaltigkeit auseinandergesetzt haben, durch Freude am Ausprobieren motivieren.
Lea: Durch drei Dinge: Erstens deutlichere Etikettierung mit Herkunftsland, Erntezeitraum, zweitens höhere Preise für andere Produkte und drittens durch Ausprobieren mit Freunden, also mehr Challenges oder Aktionen.
Zukunftsausblick: Was muss deiner Meinung nach passieren, dass sich der Fokus des Lebensmittelkonsums in eine nachhaltige Richtung entwickeln kann?
Simone: Hier stoßen die Bewohner an ihre Grenzen, diese Frage zu beantworten. Die Mitarbeiter der WG legen den Fokus immer wieder auf Nachhaltigkeit im täglichen Leben, soweit das in diesem Rahmen möglich ist. Wir machen – außer dass wir beim Kochen darauf achten – viele Bastelsachen aus Verpackungsmaterial und achten auch beim Einkaufen darauf, dass nicht alles mehrfach verpackt wird.
Selina: Ich habe das Gefühl, dass gerade schon ganz viel passiert, was die Ernährungsweise angeht. Zum einen dadurch, dass immer mehr Alternativen geschaffen werden und zum anderen dadurch, dass es nicht mehr so stark um eine Polarisierung der Ernährungsweisen – in gut oder schlecht, verantwortungsbewusst oder verantwortungslos, vegetarisch oder nicht-vegetarisch – geht. Ich finde Nachhaltigkeit kann vor allem dadurch erreicht werden, dass neue Perspektiven und Alternativen aufgezeigt werden, die wir langfristig nutzen wollen und können und die vor allem bezahlbar sind. Daher bin ich der Meinung, dass zum Beispiel Fleischprodukte im Vergleich zu vegetarischen Alternativen teurer verkauft werden sollten, um die Massenproduktion und den Kauf von tierischen Produkten langfristig zu reduzieren.
Lea: Ich denke in meiner Generation entwickelt sich gerade schon viel in diese Richtung. Die unter der vorherigen Frage genannten Punkte sowie der Einfluss durch zum Beispiel Soziale Medien und frühzeitige Aufklärung in Kindergarten/Grundschule kann weiterhelfen.
Text: Leona Sprotte-Huber/jog