5. Februar 2021

„Einzigartig in ihrer Vielgestaltigkeit“

Online-Vortrag „Moore retten – Klima schützen!“ am 10. Februar

Klima Forum: Landschaftsplaner Martin Szaramowicz verdeutlicht in seinem Online-Vortrag „Moore retten – Klima schützen!“ die Bedeutung eines einst stabilen, Jahrtausende alten Lebensraumes und stellt das CO2-Kompensationsprojekt „MoorFutures“ vor.

Viele Moorflächen in Deutschland sind nicht mehr in einem naturnahen Zustand. Sie wurden vielmehr für die landwirtschaftliche Produktion entwässert und stellen damit ein Kohlenstoff-Quelle dar. Trockengefallen geben Moore nämlich reichlich Kohlendioxid ab, durch ihre Wiedervernässung wird dieser Ausstoß an Treibhausgasen vermieden. Natürliche Kohlenstoffspeicherung in unseren Böden zu erhalten, ist also Klima- und Naturschutz pur!

Martin Szaramowicz ist Prokurist der Flächenagentur Brandenburg GmbH und leitet dort seit mehr als 15 Jahren diverse Flächenpool-Projekte. Seit 2012/2013 gibt es zudem das CO2-Kompensationsprojekt „MoorFutures“, welches zunächst in Mecklenburg-Vorpommern und kurz danach in den benachbarten Bundesländern Schleswig-Holstein und Brandenburg gestartet wurde.

In seinem Online-Vortrag „Moore retten – Klima schützen!“ am 10. Februar (Mittwochabend, 19.30 bis 21 Uhr) skizziert der passionierte Landschaftsplaner, warum Moore schützenswerte Lebensräume sind, wie die sogenannte „Rehwiese“ nördlich von Berlin renaturiert wird und weshalb es sich lohnt, sich mit „MoorFutures“ und dem Erwerb von „Moorfrosch-Zertifikaten“ zu beschäftigen.

Martin Szaramowicz, warum wurden die Moore hierzulande in Sachen Klimaschutz lange vernachlässigt?

Sie standen in der Klimaentwicklung nicht im Fokus, da sie oft als harmloser, landwirtschaftlich genutzter Boden angesehen werden. Alles konzentrierte sich zunächst auf die starken Emissions-Verursacher, etwa rauchende Schornsteine, Kreuzfahrtschiffe, Flugzeuge, Autos, Kohlekraftwerke. Im Falle von Mooren, die in ihrer Vielgestaltigkeit einzigartig sind, sind erst einmal zwei, drei Schritte zu verstehen, der Torf liefert dabei einen indirekten Zugang. Vielleicht liegt die eher bescheidene Prominenz daran, dass das Thema nicht besonders eingängig ist.

Wiedervernässung von Mooren heißt, dass wir den Grundwasserspiegel dauerhaft anheben, so dass dieser unmittelbar unter der Grundoberfläche stehtWelche Bedeutung haben denn Moore für den Klima- und Artenschutz?

Moore haben sich über Jahrtausende hinweg gebildet. Sie speichern sehr viel CO2 und bilden meterdicke Torfschichten. Wenn wir dem Torf das Wasser wegnehmen, dann wird das zum Problem. Wiedervernässung heißt, dass wir den Grundwasserspiegel dauerhaft anheben, so dass dieser unmittelbar unter der Grundoberfläche steht. Mit einer Trockenlegung für landwirtschaftliche Nutzung wurde ein Prozess von Tausenden von Jahren in kürzester Zeit rückgängig gemacht. Dem gilt es entgegenzuwirken, zumal sich in Mooren sehr viel mehr Kohlenstoff befindet als vergleichsweise im Holz stehender Wälder.

Moore sind auch für den Artenschutz wichtig. Sie sind als Lebensräume seltener geworden, das schadet den an sie angepassten Organismen. Ganz klar: Für Tiere und Pflanzen ist es schwieriger geworden und dem wirkt Moorschutz entgegen.

Wer steht hinter „MoorFutures“?

Wir sind bei der Flächenagentur Brandenburg GmbH Naturschutzexperten. Von „MoorFutures“ hatten wir das erste Mal im Umfeld der Universität Greifswald gehört und waren sehr angetan von dieser Idee. Allerdings hatten wir bereits zuvor Moore renaturiert und revitalisiert – seinerzeit nur nicht unter spezifischen Klimagesichtspunkten.

Grundidee entspricht der einer Waage

 Wie funktioniert ein CO2-Kompensationsprojekt wie die „Rehwiese“?

Die Grundidee entspricht der einer Waage. Auf der einen Seite haben wir die klimaschädlichen Gase, die bei einer Trockenlegung emittieren. Auf der anderen Seite den Ausgleich, die Konteraktion, wir wiedervernässen und halten den Boden feucht. Wir gucken uns die Standorte an, analysieren, messen und berechnen, was mit der Fläche ohne Eingriff in Zukunft passieren würde. Es geht danach darum, ob es gelingt, die Situation zu verändern und das Wasser oben zu halten. Im Boden soll bleiben, was im Boden ist. Wir arbeiten nach bestimmten Kriterien, der sogenannten „GEST-Methode“. Ein regelmäßiges Monitoring gehört dazu, wir dokumentieren am Standort Veränderungen des Wasserhaushalts und der Vegetation.

Ohne dass Sie uns Details zu Ihrem Vortrag verraten: Welche Inhalte wollen Sie transportieren?

Mein Ziel ist es, den Interessierten aufzuzeigen, was Moorschutz für den Klimaschutz bedeutet, „MoorFutures“ als zukunftsweisendes Projekt vorzustellen, und auch Handlungsoptionen für uns als Menschen zu beleuchten. Wir können unser Verhalten ändern, zum Beispiel im Gartenbaucenter darauf zu achten, Erde ohne Torf zu kaufen, weniger Fleisch zu essen, weniger Milchprodukte zu uns zu nehmen.

Oder sich einen „Moorfrosch“ zu erwerben?

(Lacht) Stimmt. Wir sind im Moment in Brandenburg aber ausverkauft, die KLIMA ARENA hat im Rahmen ihres Upcycling-Wettbewerbs mit die letzten „Moorfrösche“ bekommen. Die Drei-Länder-Aktion von Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Brandenburg war aber nicht immer solch eine Erfolgsstory bis der „Frosch“ als „Einstiegsdroge“ wirkte. Jetzt brauchen wir in Brandenburg ein neues Projekt! In der Zwischenzeit empfehlen wir die „MoorFutures“ der Kollegen aus Schleswig-Holstein.

Es gibt die „Ramsar-Konvention“, den „50. Internationalen Tag der Feuchtgebiete“ – auch Deutschland steht in der Pflicht, Moore zu schützen …

Es passiert etwas, bislang aber vor allem unter der Überschrift „Naturschutz“. Zum besseren Verständnis muss ich sagen, dass wir uns um Lebensräume kümmern, die auf den ersten Blick nicht nach Mooren aussehen, wir setzen weniger bei Naturmooren an. Aber wir gucken deutlich unter die Oberfläche und sorgen dafür, dass noch mehr Räume in 20, 30, 40, 50 Jahren als Moore erhalten bleiben.

Umweltministerin Svenja Schulze hat einen „besseren Moorschutz“ eingefordert. Hilft das?

Jede Unterstützung hilft, auch die von politischer Seite. Es ist spürbar, dass das Interesse am Thema in den letzten beiden Jahren an Bedeutung gewonnen hat. Entscheidend ist wie immer bei Nachhaltigkeit und Klimaschutz die operative Ebene.

„Wetterfrosch“ Sven Plöger produziert Videos in der Reihe Klimablick bei „SWR Wissen“. „Rettet die Moore“ heißt eine Folge. Freut dies den Landschaftsplaner Szaramowicz aus Berlin?

(Lacht) Rückenwind und öffentliche Stimmen wie Stimmungen tun stets gut. Sven Plöger steht auch bei „MoorFutures“ auf der Internetseite. Letztlich nutzt aber alle Öffentlichkeits- und Kopfarbeit alleine nichts. Man muss die Wiedervernässung einer Moorlandschaft tatsächlich können, es ist komplizierter als man vielleicht denkt. Haben wir genügend Wasser dazu? Wie schnell werden wir uns mit den zuständigen Behörden und den Anliegern einig? Wie überhaupt und in welchem Zeitfenster sind derartige Projekte umsetzbar? Manchmal erfordert es viel Geduld – und ist nicht immer lustig.

Text: Joachim Klaehn

 Hinweis:

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Zur Person

Martin Szaramowicz ist Prokurist der Flächenagentur Brandenburg GmbH

Martin Szaramowicz (53 Jahre) ist Prokurist der Flächenagentur Brandenburg GmbH und leitet dort seit 2005 Flächenpool-Projekte. Er ist Vorstandsmitglied des Bundesverbandes der Flächenagenturen in Deutschland e.V. (BFAD). Der Landschaftsplaner (Studium an der Technischen Universität Berlin) war vor seiner jetzigen Position in einem Berliner Planungsbüro, an der Universität Potsdam und dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig tätig.

Er lebt in Berlin, ist glücklich verheiratet und hat zwei Söhne (17 und 21 Jahre). Außer für Natur und Landschaft interessiert er sich leidenschaftlich für Musik und liebt Konzertsäle, Opernhäuser und Kirchen – meist als Zuhörer und ab und zu als Chorsänger in der „Camerata Wannsee“.

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